Nach sechsjähriger Pause bin ich in den Moghulhof zurückgekehrt. Dieser hatte Anfang der 2000er Jahre einmal auf einer anderen Inder-Testseite den Titel des besten Inders von Wien bekommen, war dann 2008 komplett umgebaut worden und ist seither eines der schönsten indischen Restaurants in Wien, eine ausgewogene Mischung von Kolonialpracht und Üppigkeit, durchaus geschmackvoll. Das hat sich seither nicht geändert, und die inzwischen angesammelte Patina wirkt durchaus positiv auf den optischen Gesamteindruck. Nur gering geändert hat sich allerdings auch mein Eindruck vom Essen, das mich nach wie vor nicht wirklich glücklich macht.
Bei meinem letzten Besuch hatte ich bemängelt, dass man das Bhuna Ghost "in scharfer Spezialsauce" besser nicht mit einem der dazu gereichten Chutneys und Pickles aufpimpen sollte, da die Sauce sonst nämlich nur nach ebendiesen schmeckt.
Diesmal habe ich mich an einem Chicken Madras versucht. Das Hühnerfleisch hatte die Zeit vor dem Servieren offensichtlich in einem Tandoor verbracht, denn es hatte diese unglaublich saftige Knackigkeit, die es nur bei 500°C im Lehmofen bekommt. Vor der Zeit im Tandoor hatte es offensichtlich in einer sehr feinen Marinade gelegen, die man beim Essen noch erahnen konnte. Doch hier kommt die schlechte Nachricht: Dass man die Marinade nämlich noch erahnen konnte, lag daran, dass die Madras-Sauce nach nichts schmeckte. Nach gar nichts.
OK, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, denn ich hatte "sehr scharf" bestellt, und das Gericht kam mit einer Schärfe, bei der ich nachvollziehen kann, dass sie andere Leute als "sehr scharf" empfinden. Diesbezüglich also keine Beschwerde. Aber außer dieser Schärfe schmeckte die Sauce wirklich nach nicht viel. Das ist besonders bedauerlich wegen der großzügigen Portionsgröße, denn auch viel von etwas, das nach nicht viel schmeckt, hinterlässt keinen besonderen Eindruck.
Das Samosa hatte mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen: ganz offensichtlich ganz frisch zubereitet, unglaublich saftige Fülle, großartige Konsistenz - und weitgehend geschmacksneutral. Ewig schade.
Die Bedienung war zurückhaltend professionell, aufmerksam und flott, ohne besonders aufzufallen - außer dass mir versehentlich ein Gedeck zu viel verrechnet wurde, was schon eine Leistung ist, wenn man allein an einem Tisch sitzt. Für die Gedeckgebühr bekommt man außer Besteck und einer Stoffserviette übrigens keine weitere Leistung - nicht einmal ein Tischtuch.
Vorspeisen ab € 3,50; Hauptspeisen ohne Beilage vegetarisch ab € 9, mit Fleisch ab € 9,50.
Gedeck € 1.